Nicht nur der jüngste, sondern wohl auch der bekannteste Bestatter Deutschlands kommt aus Fürth. Mit seinen 17 Jahren arbeitet Luis Bauer bereits im Bestattungsunternehmen seines Vaters. Wegen seines außergewöhnlich jungen Alters und seines Bekanntheitsgrads – auch durch TikTok – sind wir auf ihn aufmerksam geworden. Wir haben ihn im Rahmen eines Interviews vor Ort besucht und interessante Fakten über das Berufsbild des Bestatters erhalten.
Was macht ein Bestatter überhaupt und wie sieht der berufliche Alltag aus?
Als Bestatter übernimmt man das komplette Allround-Paket: Man holt die Verstorbenen von überall her – zu Hause, im Altenheim oder im Krankenhaus – ab, und versorgt anschließend die Leichen im Versorgungsraum, d.h. man wäscht sie, kleidet sie an und macht sie hübsch. Auch gehört die Gestaltung und Dekoration der Trauerfreier zu den Aufgaben eines Bestatters. Anschließend bringt man den Sarg noch zum Friedhof oder ins Krematorium. Die ganze Zeit über ist man natürlich eine mentale Stütze für die Trauernden und hat ein offenes Ohr für sie. Daneben muss man als Bestatter aber auch viel Papierkram im Büro erledigen.
Wie lange dauert die Ausbildung?
Die Ausbildung dauert drei Jahre. Mit einem Abitur ist sie auf zwei Jahre verkürzt.
Was verdient man als Bestatter?
Das ist etwas abhängig vom jeweiligen Betrieb. Als Azubi verdient man im ersten Jahr circa 750 Euro, im zweiten Jahr 850 Euro und im dritten Jahr 1050 Euro. Als fertig ausgebildeter Bestatter kann man rund 2800 bis 3200 Euro pro Monat verdienen. Das ist aber natürlich davon abhängig, wie gut und erfolgreich der Betrieb arbeitet.
Gibt es bestimmte Voraussetzungen und Anforderungen, die man mitbringen sollte, um Bestatter werden zu können?
Man darf nicht super zart besaitet sein, da man einiges aushalten muss. Ich kenne zum Beispiel einen Mitarbeiter, der beim ersten Mal, als er eine Leiche gesehen hat, in Ohnmacht gefallen ist. Wichtig ist auch, dass man gut mit Menschen arbeiten kann. Zu dem Job als Bestatter gehört es auch, dass man gelegentlich einen 24 Stunden Bereitschaftsdienst hat, um zum Beispiel Verstorbene abzuholen. Insgesamt muss man einfach Bock auf den Beruf haben.
Wie sind die Einstellungschancen?
Die Einstellungschancen sind gerade sehr gut, da viele Bestatter Personal suchen. Auch Quereinsteiger haben gute Chancen. Jedoch darf man beim Vorstellungsgespräch nicht total schlecht performen. Es ist wichtig, dass man sich gut ausdrücken kann.
Seit wann hilfst bzw. arbeitest du im Betrieb deines Vaters mit? Wie kam es dazu?
Ich habe bereits als Kind durch meinen Vater mitbekommen, was ein Bestatter macht und welche Aufgaben er hat. Mit 14 Jahren habe ich dann selbst angefangen auf 450 Euro Basis im Betrieb mitzuarbeiten, was mir schnell viel Spaß gemacht hat. Im Corona-Lockdown habe ich dann begonnen, kurze Videos aus meinem beruflichen Alltag zu drehen und auf TikTok zu posten. Da ich mich in der 10. Klasse immer weniger für die Schule begeistern konnte, entschied ich mich schließlich endgültig den Beruf des Bestatters auszuüben und begann eine Ausbildung als Einbalsamierer.
Warum möchtest du Bestatter werden und was begeistert dich daran?
Als Bestatter hast du keinen langweiligen Bürojob, da jede neue Bestattung eine neue Herausforderung darstellt. Man muss sich auf neue Menschen und deren Wünsche einstellen und diese so gut es geht umsetzten. Auch mag ich die Spontanität, die dieser Beruf mit sich bringt. Man weiß nie, wann der nächste Anruf kommt und wann man sich auf den Weg machen muss. Auch die Aufgabe, den Hinterbliebenen bei der Planung der Beerdigung beizustehen und diese bei ihren Entscheidungen zu unterstützen, gefällt mir. Ebenfalls interessiert mich das medizinische Wissen, das man zum Beispiel beim Einbalsamieren benötigt. Kurz gefasst ist dieser Beruf eine perfekte Mischung aus mentalem Arbeiten und technischem Wissen, was täglich für Abwechslung sorgt.
Wie ging es dir, als du zum ersten Mal einen toten Menschen gesehen hast?
Da das Unternehmen meinem Vater gehört, war es für mich von klein auf normal, häufig bei seiner Arbeit mit dabei zu sein. Dementsprechend jung war ich auch, als ich meinen erstem toten Menschen gesehen habe. Als Grundschüler flitzte ich einmal im Unternehmen herum, wobei ich dann einen Toten gesehen habe. Daraufhin erklärte mir mein Vater alles, sodass das Ganze für mich etwas „Normales“ war.
Kannst du von einem besonders schönen, schlimmen oder emotionalem Moment berichten, den du bereits bei deiner Arbeit erlebt hast?
Der schlimmste Fall, den ich bis jetzt hatte, war ein Mann, der mit einem Hubschrauber verunglückt war. Teile der Leiche waren so sehr verbrannt, dass diese im Nachhinein wie ein Stück Grillkohle aussahen. Außerdem war der Kopf des Mannes sehr deformiert und er hatte mehrere offene Stellen am Körper. Den Körper des Verstorbenen mit Chemikalien, Nähten und Verbänden wieder herzustellen, war sehr aufwendig. Für mich war es dann aber schön, dass die Mutter anschließend ihren Sohn noch einmal sehen und sich von ihm verabschieden konnte.
Ein schöner Moment war, als sich die Freundinnen einer toten jungen Frau, die unerwartet verstorben ist, noch eine letzte Feier für die Tote wünschten. Aus diesem Grund habe ich mit Arbeitskollegen Bierbänke auf dem Friedhof aufgestellt und wir richteten die Leiche der Frau so her, dass es aussah, als würde sie mit ihren Freundinnen eine letzte Party feiern und mit ihnen Sekt trinken und Pizza essen.
Einen Moment, bei dem ich so richtig emotional geworden bin, hatte ich noch nicht. Allerdings macht es natürlich einen Unterschied, ob man die tote Person persönlich kennt oder nicht. Als ich einmal einen alten Freund, den ich das letzte Mal vor 6 Jahren gesehen habe, vor mir im Versorgungsraum liegen hatte, war ich schon etwas traurig.
Kannst du von deinen Erlebnissen nach „Dienstschluss“ einfach abschalten oder beschäftigen dich diese noch länger?
Mich beschäftigen die Dinge nicht im negativen Sinne und ich nehme sie emotional auch nicht mit nach Hause. Wenn es aber ein sehr verrücktes Erlebnis gab, wie zum Beispiel die Pizza-Party, dann rede ich natürlich während des Abendessens mit meinem Vater darüber.
Wie kam es dazu, dass du TikTok-Videos über deinen Berufsalltag drehst?
Das Ganze hat während Pandemie Zeit 2019/2020 angefangen, in der TikTok gerade so richtig in Fahrt kam. Eines Tages stieß ich zufällig auf ein TikTok-Video, in dem ein Typ seinen Beruf vorstellte. Das fand ich mega cool, weshalb ich mir kurzerhand meine kleine Schwester schnappte und mit ihr als Kamerafrau mein erstes TikTok-Video drehte. Dieses Video ging über Nacht direkt viral und nach nur 1 Woche, hatte ich schon die 100 000 Follower-Marke geknackt.
Das gesamte Team der Eulenpost bedankt sich bei Luis herzlich dafür, dass er sich für uns Zeit genommen hat, um unsere Fragen ausführlich zu beantworten. Auch die Führung durch das Bestattungsunternehmen im Anschluss an das Interview (u.a. wurde uns auch der Versorgungsraum gezeigt) war sehr spannend. Durch seine offene Art konnte Luis definitiv unser Interesse für den Beruf des Bestatters wecken.
Die Fragen stellten Miena, Mohamed, Milan, Emily und Lilly
Bildquellen
- Bild: Eigene Aufnahme
